Video “Urvertrauen und Angst”

Vom Umgang mit Neugeborenen

Ein Video aus der Stillpraxis Elisabeth Kurth IBCLC in Zusammenarbeit mit Dipl.-Psych.

Thomas Harms, Bremen

Dieser Film ist aus Datenschutzgründen nicht im Internet zu sehen. Er kann käuflich erworben werden und darf auf internen Veranstaltungen gezeigt werden.

Geeignet für:

Geburtsvorbereitungskurse
Weiterbildungsveranstaltungen für alle Fachpersonen, die mit werdenden und jungen Eltern arbeiten
Ausbildung von Hebammen und Krankenschwestern
Entbindungskliniken im Umstellungsprozeß zum “Stillfreundlichen Krankenhaus”

Laufzeit: ca. 9 Minuten / Preis 25 € (zuzüglich 3 € Porto und Verpackung in Deutschland, 5 Euro Ausland)

Bestellen: email: kurth@stillpraxis.de

Klappentext:

Immer mehr Mütter entscheiden sich für rooming-in, immer mehr Kliniken bieten es an. Häufig beschränkt sich das jedoch auf den Tag. Nachts sind viele der Kinder im Kinderzimmer. Wie es ihnen dort geht und welche Folgen das auch für das Stillen haben kann, sehen Sie in diesem kleinen, sehr die Emotionen ansprechenden Video. Es will Müttern Mut machen, Babys den so notwendigen engen Körperkontakt vom ersten Tag an zu geben und damit auch das Risiko für Stillprobleme, Babyblues und Wochenbettdepressionen zu minimieren. Für Fachleute kann dieses Video ein nützlicher Beitrag sein, eigenes Handeln selbstkritisch zu hinterfragen und noch behutsamer als bisher mit den Neugeborenen umzugehen.

 

Zum Entstehung des Films “Urvertrauen und Angst”

Ich bin Beraterin für Eltern von Schreikindern und sollte auf einer Tagung im Jahr 2002 einen Vortrag über meine Arbeit zu halten.

Der besseren Anschaulichkeit halber wollte ich dafür auch Aufnahmen von schreienden Kindern zeigen. In einer Entbindungsklinik fragte ich an, ob ich  Videoaufnahmen für meinen Vortrag machen dürfte.

Ich bekam problemlos die Erlaubnis und die Information, wann die beste Zeit dafür wäre.

Ich filmte eine Stunde lang im Kinderzimmer zur Zeit der Kinderarztvisite. Mütter waren nicht anwesend.

Was ich dabei vor die Kamera bekam, war unfassbar und löste tiefes Entsetzen in mir aus: Ich hatte tatsächlich geglaubt, so etwas könne es heutzutage nicht mehr geben.

“Schreien ist ganz normal” so begrüßte mich die leitende Kinderkrankenschwester. Sie und Ihre Kolleginnen nahmen überhaupt nicht wahr, wenn ein Kind anfing zu weinen. Sie behandelten die Neugeborenen so gefühllos wie Objekte, an denen bestimmte Handlungen ausgeführt werden müssen.

Keine der Handlungen, auch nicht die schmerzhaften, wurden dem Kind irgendwie angekündigt, alles ging viel zu schnell, und sie wurden aus dem Schlaf gerissen oder schreiend abgelegt, gerade, wie es passte.

Ich habe einmal vor Schreck fast die Kamera fallengelassen – so bei der Frage der Laborantin, die beim Blutnehmen extra lange an dem kleinen Fingerchen quetschte: “Hat es jetzt genug geschrieen?”

Es war für mich fast nicht auszuhalten, nur dazustehen und zu filmen. Alles in mir drängte danach, die Kinder zu trösten, ihnen zu erklären, was passiert und warum. Und vor allem, sie zu ihren Müttern zu bringen, die im Übrigen keine Ahnung hatten, wie es den Kindern inzwischen ging. Die Mütter wissen anscheinend wirklich nichts davon, sie vertrauen den Schwestern, und 3 schall-isolierte Türen sorgen dafür, dass auch sicher nichts nach außen dringt.

Keinem Koma- Patienten würde man eine derartige Behandlung zumuten!

Und die sensibelsten Mitglieder unserer Gesellschaft, die Neugeborenen, werden fraglos einer solchen Behandlung unterzogen, und sei es auch inzwischen nur noch 8 – 10 Stunden am Tag und nicht mehr, wie in den Jahren vor der Einführung des rooming- in, fast 24 Stunden lang.  Für mich grenzt das schon an Menschenrechtsverletzung.

Die wissenschaftliche Forschung an neugeborenen Rattenbabys zeigt, dass bereits wenige Stunden der Trennung von den Eltern irreversible Gehirnveränderungen mit sich bringen können.

Was solcherart Trennung mit unseren Babys macht, sollte auch endlich erforscht werden. Das Experiment dazu läuft jedenfalls schon jahrzehntelang.

Ich bin mir aber sicher, dass keine Ethik- Kommission dazu die Erlaubnis geben würde.

Was hier läuft, ist Gesundheitsgefährdung, vielleicht schon Körperverletzung?

Und das jeden Tag wieder neu, solange die Kinder in der Klinik sind und die Mütter sie abends im Kinderzimmer abgeben.

Ich jedenfalls war so entsetzt von dieser Erfahrung, dass ich beschloss, einen Film zu machen und dem Klinikpersonal damit einen Spiegel vorzuhalten. Ein riesiger Entsetzensschrei der Belegschaft war die Reaktion, gefolgt von heftigen Diskussionen und schrittweisen Veränderungen, und jetzt kann ich die Klinik auch wieder für Entbindungen empfehlen.

Aber ein Film, der nur Schreckliches zeigt, sollte es auch nicht sein, und ich bat in einer anderen Klinik um einen Filmtermin, um auch die schönen Seiten der ersten Tage, nämlich das entspannte Zusammenliegen (beding-in) von Mutter und Baby aufzunehmen.

Wieder bekam ich auch eine Aufnahme im Kinderzimmer – es war die gleiche schlimme Situation für die Kinder wie in der ersten Klinik – und der Zufall wollte es, dass ich ein Kind mit Hypoglykämie filmen konnte. Es war schrecklich im Stress, sie sehen es im Film, es bekam natürlich noch extra Blutabnahmen und schlief dann im Bett der Mutter sofort so erschöpft ein, dass an Stillen für viele Stunden überhaupt nicht zu denken war. Eine Behandlung also, die für die Hypoglykämie nicht hilfreich ist, das Stillen massiv stört und der Mutter das Vertrauen in ihre Fähigkeiten nimmt.

Meine Umfrage unter Fachpersonal aus verschiedenen anderen Kliniken ergab, dass das, was Sie im Film sehen, noch durchaus gängige Praxis in vielen deutschen Kliniken ist. Und wenn es auch viele Kinderkrankenschwestern gibt, die nicht abgestumpft sind, dann sind sie überarbeitet und können nicht genügend trösten, selbst wenn sie es wollten.

Die übereinstimmende Meinung der Insider ist – ausgenommen einige wenige Kliniken mit wirklichem 24- Stunden -rooming- in: “Diese Aufnahmen hätten auch bei uns gemacht werden können!” “Das ist Alltag bei uns, jedenfalls nachts und morgens”! ” Aber das haben wir schon immer so gemacht- die Mütter wollen ja auch mal ihre Ruhe!”

Ich bin mir bewusst, dass ich mit diesem Film ein Tabu- Thema angeschnitten habe.

Denn niemand schaut hin, was in vielen Neugeborenenzimmern passiert, und alle wundern sich, wenn das Kind nach der Entlassung schreit oder später hyperaktiv ist.

Ich bin mir zwar sicher, dass dieser Stress in der Regel nicht die alleinige Ursache für spätere Probleme des Kindes ist. Dafür sind Schwangerschaft, Geburt und unsere Erziehungskultur viel prägender. Jedoch ist dieser Stress, einmal ganz abgesehen von der unwürdigen Behandlung des Kindes, ein völlig unnötiger und dabei relativ leicht abzustellender Risikofaktor für die kindliche Entwicklung.

Nur die Klinikroutine und die Einstellung des medizinischen Fachpersonals müssen dafür geändert werden.

Dieser kurze Film ist schon in vielen Krankenhäusern gelaufen. Er weckt beim Fachpersonal die Sensibilität für die Bedürfnisse des kleinen Kindes und regt zum kritischen Überdenken der eigenen täglichen Praxis an.

Werdende Mütter, die den Film in Geburtsvorbereitungskurs gesehen haben, geben ihr Baby nach der Geburt ohne Not nicht mehr im Kinderzimmer ab.

Mein Anliegen ist, dass alle Kinder die so wichtige bindungsfördernde und gesunderhaltende menschliche Nähe nach der Geburt ohne Unterbrechung erhalten, auch die kranken, (auf die in diesem Film nicht eingegangen wird), und diese brauchen es ganz besonders.

Bei fast allen Menschen löst der Film starke Gefühle wie massives Unbehagen und Betroffenheit bis hin zu Schuldgefühlen oder Wut aus – und als ich den Film nach 2 Jahren fertig gestellt hatte, wusste ich, dass ich hier nicht nur Realität, sondern auch ein Stück meiner eigenen Geschichte, sowie ein Stück aus der Geschichte meiner 5 Kinder und wohl auch vieler meiner Mitmenschen bearbeitet und nacherlebbar gemacht hatte.

Elisabeth Kurth

 

 

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